Onychophagie (Nägelkauen)
Während für viele Menschen das Kauen an den Fingernägel nur eine lästige Angewohnheit darstellt. Ist es für manch andere Personen eine Qual, mit welcher sie nicht aufhören können. Es wird so lange und intensiv an den Fingernägeln und der umliegenden Haut gekaut, bis die Fingerspitzen bluten. Doch diese abgekauten Fingernägel sehen nicht nur unschön aus, sondern stellen auch gleichzeitig einen Nährboden für Infektionen wie Nagelbettentzündungen oder der Gleichen da. Jedoch ist die Onychophagie (wikipedia), wie es in der Medizin genannt wird. Auch ein Zeichen psychischer Probleme, wobei das Kauen an den Fingernägeln mitunter nicht als Krankheit, sondern als Symptom einer Erkrankung angesehen wird.
Onychophagie – Fingernägel als Visitenkarte des Menschen
Saubere Hände und gepflegte Fingernägel gelten als Spiegel der Seele. Wer schon einmal abgebissene Fingernägel oder unsaubere Hände gesehen hat, wird sofort ein anderes Bild über den Mensch bekommen. Man stuft sein Gegenüber als ungepflegt ein. Viele ekeln sich vor einem Händedrück. Doch hinter ungepflegten bzw. abgekauten Fingernägeln steckt oftmals nicht nur ein hygienisches Defizit, sondern auch eine psychische Erkrankung. Der Mediziner spricht von der Onychophagie, dem Nagelkauen. Vorwiegend sind Kinder oder auch Jugendliche betroffen.
Das erste Mal tritt die Angewohnheit zwischen dem dritten und vierten Lebensjahr aus. Es wird so lange an den Fingernägeln und der Haut geknabbert, bis sie bluten. Während dieses Szenario mit der Zeit aufhören kann, bleibt es bei vielen Betroffenen chronisch. Andere hingegen tauschen ihre Angewohnheit ein. Sie beginnen mit dem Kauen von Kaugummis oder rauchen Zigaretten. Andere knabbern hingegen an Stiften oder spielen mit Zahnstochern.
Die Statistik zeigt auch, dass das Nägelkauen keine geschlechterspezifische Erscheinung ist. Männer kauen genauso gerne an ihren Nägeln wie Frauen. Die Mär, dass vorwiegend Männer an ihren Nägeln kauen, da Frauen sich diese gerne lackieren oder mit Acryl verlängern bzw. auffüllen lassen, stimmt nicht. Die Onychophagie ist keine, nur beim Menschen auftretende Erscheinung. Selbst im Tierreich, unter beispielsweise Hunden und Schafen, wird sie häufig diagnostiziert.
Gesundheitliche Folgen der Onychophagie
Man muss natürlich unterscheiden, ob eine ausgeprägte Onychophagie vorliegt oder der Betroffene nur in den wenigsten Fällen dieser schlechten Angewohnheit nachgeht. Fakt ist, es sieht unschön aus. Doch solange nur der kosmetische Aspekt vorhanden ist, ist die Welt (zu großen Teilen) noch in Ordnung. Spätestens dann, wenn die Onychophagie ausartet, unkontrolliert gekaut wird und Blut fließt, können in weiterer Folge gesundheitliche Probleme auftreten. Der Betroffene kann nicht nur seine Nagelhaut sowie seinen Nagel dauerhaft schädigen bzw. verletzen, sondern begünstigt auch eine Zahnfleisch- sowie auch Nagelbettentzündung.
Mitunter können sogar Knochenmarksentzündungen sowie Kaubeschwerden auftreten. Werden die Hornzellen der Finger bzw. Fingernägel gekaut und geschluckt, können in weiterhin auch Magenprobleme auftreten. Dies deshalb, weil die Fingernägel für den Menschen unverdaulich sind.
Onychophagie als menschlicher Isolator
Doch das Kauen der Fingernägel sorgt nicht nur für körperliche Beschwerden. Mitunter sind psychische Probleme der Hauptgrund, weshalb der Betroffene an seinen Fingernägeln kaut. Andere die im Rahmen einer Angewohnheit mit dem Kauen der Fingernägel angefangen haben, entwickeln erst im Laufe ihrer Onychophagie ein psychisches Problem.
Vor allem dann, wenn sie auf ihre unschön aussehenden Fingernägel bzw. Hände angesprochen werden. Danach zieht sich der Betroffene zurück, möchte nicht mehr das seine Hände gesehen werden. Und beginnt seine sozialen Kontakte derart einzuschränken, dass von einer Isolation gesprochen werden kann. Forscher haben herausgefunden, dass das Nägelkauen eine emotionale Störung bzw. auch eine Art der Verhaltensstörung darstellt. Die vorwiegend mit dem Beginn der Kindheit bzw. im Jugendalter erstmalig auftritt.
Viele Forscher sind der Ansicht, dass es sich um eine Zwangsstörung handelt. Andere Wissenschaftler kamen zu dem Ergebnis, dass eine Impulskontrollstörung vorliegt bzw. der Drang zum selbstverletzenden Verhalten. Das Nägelkauen ist daher nicht unbedingt eine Krankheit. Vielmehr wird es als Symptom gesehen, welches im Rahmen einer psychischen Erkrankung auftreten kann. Vor allem Personen, welche an einer Störung des Sozialverhaltens, ADHS (dem Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung), Angststörungen sowie Bindungsstörungen oder den Tic-Störungen leiden, kauen vermehrt an ihren Fingernägeln.
Warum kaut der Mensch an seinen Fingernägeln?
Klassische Ursachen sind Stress, Frustration sowie auch Anspannung. Ebenfalls können Langeweile für „Beißattacken“ verantwortlich sind. Für viele Menschen ist das Nägelkauen eine Art Entspannung. Für viele Betroffene ist es eine unbewusste oder bewusste Beschäftigung. Mitunter sehen die Kinder das Nägelkauen auch bei ihren Vorbildern. Spätestens dann, wenn die Mutter oder der Vater an seinen Nägeln kaut, wird wohl auch der Nachwuchs damit beginnen.
Schlussendlich sieht es das Kind bei seinem Vorbild. Es gibt aber auch Menschen, die bewusst an ihren Fingernägeln beißen. Etwa Personen, welche im Rahmen der Maniküre, ihre Nägel mit den Zähnen kürzen oder formen wollen. Auch wenn diese Personen wissen, dass sie damit die Fingernägel verletzen bzw. ihnen schaden. Anstelle sie zu pflegen, gilt die „beißende Maniküre“ oftmals als mögliche Alternative zur gewöhnlichen Pflege der Nägel.
Tipps und Tricks zur Onychophagie
Wer sein Kind beobachtet, wenn es an den Fingern knabbert, sollte nicht lauthals schimpfen. Sondern sehr wohl seinen Nachwuchs mit den möglichen Folgen konfrontieren. Schlussendlich ist vielen Kindern nicht bewusst, dass das Nägelkauen mitunter gesundheitliche Folgen mit sich bringt. Ebenfalls könnten die Fingernägel mit einem ungenießbaren Nagellack versehen werden, der bittere Geschmack hält im Endeffekt das Kind davon ab an seinen Nägeln zu kauen. Bei Frauen hingegen können künstliche Nägel Wunder wirken. Da die künstlichen Nägel zu hart sind, verzichtet die Frau auf die Beißattacken.
Liegt ein starker Drang vor bzw. handelt es sich tatsächlich um eine ausgeprägte Onychophagie, sollte die „Habit Reversal“ – die Reaktionsumkehr angewandt werden. Das bedeutet, dass der Betroffene die Situation erkennen muss, in welcher er an seinen Nägeln beißt. Und im Fall der Fälle sofort seine Faust schließen muss, damit ein allfälliges Kauen unmöglich gemacht wird. Eine weitere Möglichkeit sind Entspannungstechniken. Wer sich bewusst entspannt bzw. während Verhaltenstherapien Möglichkeiten lernt, wie er in brenzlichen Situationen ruhig bleiben kann. Hat ebenfalls die Gelegenheit, dass er die Onychophagie in den Griff bekommt. Weitere Tipps zum Nägelkauen abgewöhnen.
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